Mittwoch, 5. August 2009

Fünfter Akt: Der Rubel rollt! Januar 2009

Kaum waren die Konten aktiv und die Zugangsdaten zum Internetbanking eingegangen wurde bereits der erste Rechnungslauf gestartet. Frank Babenhauserheide benannte mir einen Herrn Reinhard Pils als Buchhalter der InQnet GmbH / Wien und bat mich, ihm die Zugangsdaten zu den Konten zu schicken, damit er entsprechend buchen könne. Und so wurde der Kontakt per Skype und Mail hergestellt und er erhielt die Daten, denn immerhin fungierte die InQnet GmbH als Treugeber.

Ich verfolgte die Zahlungseingänge über meinen Account und staunte nicht schlecht: binnen weniger Wochen wuchs der Kontostand beträchtlich, in zahllosen Buchungen á 96,00 Euro. Die Zahlungen erfolgten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Zeitgleich zum angelaufenen Geschäft der L & H GmbH wurde nun eine Postweiterleitung eingerichtet, ich reiste nach Hannover, um die Formalitäten zu erledigen. Die Weiterleitung erfolgte an unsere Privatadresse, von hier aus nahm ich die Post dann mit in die Firmenzentrale nach Vlotho, um sie von den Callcenter-Agents bearbeiten zu lassen.

Die Freude wurde durch ein Schreiben der Sparkasse Herford, über die derzeit die Zahlungen erfolgten, jäh unterbrochen. Unter Hinweis auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen nach denen es Bankinstituten freisteht, Konten ohne Angabe von Gründen zu kündigen, geschah ebendies. Ein sofortiger Anruf und die Bitte um Erklärung, was denn schiefgelaufen sein mag, führte zu einem persönlichen Gespräch in den Geschäftsräumen der Sparkasse. Mich wunderte zu diesem Zeitpunkt, daß das Gespräch in der Revisionsabteilung stattfand und nicht mit unserem Geschäftskundenbetreuer und ich wurde argwöhnisch. Nicht umsonst kündigt eine Bank ein Geschäftskonto mit einer Viertelmillionen Euro, oder? Eine sehr konkrete Nachfrage nach dem Grund wurde mir leider nicht (!) beantwortet. Die Kündigung war fristgerecht. Sechs Wochen hatten wir nun Zeit, ein Referenzkonto zu benennen.

Ich rief sofort Chef Babenhauserheide an und informierte ihn über den Sachverhalt. "Och, das haben wir häufiger, da musst du dir nix bei denken. Die Banken mögen Internetfirmen nicht, da sie an den vielen Buchungen unter dem Strich kein Geld verdienen und einen immensen Aufwand haben!" sprudelte es aus ihm hervor. " Lach einfach drüber. Morgen gebe ich dir das Referenzkonto, ich kläre das heute noch mit Wien". - "*hmmm*...okay." Ich hätte nun gedacht, daß als Referenzkonto eines der anderen, von uns eröffneten Konten benannt werden sollte, aber Babenhauserheide entschied nach Rücksprache mit Wien anders und schickte mir per Mail eine Bankverbindung in Dubai. Na, da sitzt ja auch der Betreiber von Megadownloads laut Impressum, also geht das wohl so in Ordnung. Gesagt, getan und die Überweisung binnen der Frist ausgeführt. Natürlich musste nun der neue Rechnungslauf, der bevorstand, rein technisch angepasst werden und es wurde in den Rechnungs- und Mahnschreiben nun auf die Deutsche Bank Hannover umgeswitched. Babenhauserheide himself änderte die Bankverbindung im Inkasso-Softwareprogramm "Ikaros", die in Vlotho eingesetzt wird.

Die gesamte Entwicklung lies mich mittlerweile (endlich!) misstrauisch werden. Irgendwas kann doch da nun wirklich nicht stimmen. Die Provisionen sind sicher verlockend und reizvoll, aber: warum ist das Januar-Gehalt meiner Frau als Geschäftsführerin der L & H GmbH noch nicht da? Warum kündigt eine Bank eine Geschäftsverbindung? Persönliches Gespräch mit Babenhauserheide. "Du, da muss irgendwas untergegangen sein. Ich kläre das mit dem Steuerberater und Wien!". Nachdem zunächst business as usual betrieben wurde fing ich an, erste Internetrecherchen zu betreiben. Fündig wurde ich auf einer Seite im Netz, die mir bis dato unbekannt war: antiabzockenet.blogspot.com. Ich las meinen Namen dort und mir wurde derzeit unterstellt, seit Jahren zum Netzwerk der Internetmafia um Babenhauserheide zu gehören. Sofort nahm ich Kontakt zum Betreiber der Seite auf, um diese Unterstellung klarzustellen. An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an ihn für den netten Mailkontakt, der wirklich fruchtbar war und den eigentlichen Stein ins Rollen brachte! Selbstverständlich informierte ich niemanden sonst über den Kontakt zu ihm, da ich mittlerweile, wie gesagt, bereits zuviele Ungereimtheiten in den Firmenbelangen feststellte. Stattdessen recherchierte ich eifrig weiter. Still und heimlich.

Vierter Akt: Ein Weihnachtsmärchen, Dezember 2008

Ende November 2008 bat mich Frank Babenhauserheide in sein Büro und eröffnete mir, daß die Müller-Projekte Mitte des kommenden Jahres gänzlich eingestellt würden, da die Umsätze rückläufig und die Projekte an sich "ausgelutscht" wären. Bei dieser Besprechung, der auch der Geschäftsführer der BWL Letter & Support GmbH, sowie auch Babenhauserheides Prokuristin Carmen Ihle teilnahmen, wurde darüber beraten, wie es weitergehen sollte.

Frank Babenhauserheide sagte nicht ohne Stolz in der Stimme, daß bereits neue Projekte und Ideen anständen. Wir würden ein neues Projekt zum Thema Antivirus-Programm bekommen, und erstmals sei er sogar finanziell beteiligt. Wer das Projekt auflegte, war eigentlich klar: Matthias Müller und Xxxxxxxx Xxxxx aus München.Das Projekt solle im Januar online gehen. Nochmal richtig Geld verdienen mit dem Projekt, und dann ein wenig umsatteln. "Umsatteln?" fragte ich. "Umsatteln. Die Abogeschichten sind nicht mehr zeitgemäß, die Umsätze sind rückläufig und auch mittlerweile stressig geworden." sagte Babenhauserheide. "Ich plane ein Callcenter in Hannover zu eröffnen. Inbound, Outbound, ein klassisches Callcenter also. Du kommst doch aus der Callcenter-Branche. Könntest du dir vorstellen, das Callcenter zu leiten?" - "Aber sicher doch! Danke für dein Vertrauen!" - "Okay, dann gründen wir eine GmbH und starten zum Jahreswechsel. Da du ja schon Geschäftsführer zweier meiner GmbHs bist könnte deine Frau ja als Geschäftsführerin fungieren." - "Klar, warum nicht?" - "Die Stammeinlage in Höhe von 25.000 Euro kommen von der InQnet GmbH in Wien, die auch Megadownloads betreibt. Die habe ich mit ins Boot genommen, denn sie wollen in Deutschland ein zweites Standbein aufbauen. Der Beurkundungstermin ist am 15.12.2008, holt bitte dann Herrn Steffel am Flughafen ab und fahrt mit ihm zusammen zum Notar." - "Okay, machen wir!".

Am 15.12.2008 war es dann soweit: pünktlich um 10.00 Uhr warteten wir am Gate auf Helmut Steffel, trafen ihn und fuhren mit ihm zum Notar. Hier wurde dann "unsere" GmbH beurkundet: die L & H GmbH war geboren! Ich begann mit den Vorbereitungen zur Neukundenakquise und sondierte den Markt. Immerhin hatte ich vollkommen freie Hand in der Sache, und ich wollte meine Sache gut machen. Die Arbeitsbelastung war immens, denn das Tagesgeschäft mit den bestehenden Projekten musste immerhin parallel erledigt werden. Die Aufgabe war jedoch reizvoll, und so arbeitete ich teils bis spät in die Nacht noch von zuhause aus. Samstag, Sonntag? Oftmals verbrachte ich so einige Stunden in der Firma. Aber man weiß ja, wofür man es macht, dachte ich mir.

"Du, Claus - habt ihr eigentlich schon Firmenkonten eröffnet?" - "Nein, bislang noch nicht. Die Firma ist ja noch nicht aktiv?" - "Nun, damit die Firma schon mal ein wenig Geld verdient könntet ihr den Rechnungs- und Mahnlauf für Megadownloads übernehmen. Da das Projekt eh ausläuft kommen da nur noch die paar Zahler aus dem 2. Jahr der Vertragslaufzeit. Ihr braucht euch um nichts zu kümmern, ich kümmere mich um alles. Gebucht wird dann direkt aus Wien und um die ganzen steuerlichen Belange kümmert sich unsere Anwalts- und Steuerberatungskanzlei Läube & Hasenbäumer. Sind 7 % Provision okay?" - "Okay!".

Am nächsten Tag ein aufgeregter Anruf von Babenhauserheide: "Fahrt bitte heute noch nach Hannover und eröffnet einige Konten bei verschiedenen Kreditinstituten, die Wiener wollen schon den nächsten Rechnungslauf über L& H abwickeln!" - "Wieso verschiedene Banken?" - "Weil man sich dann nicht in die Abhängigkeit nur einer Bank begibt!" - "Okay, das ist ein Argument". Los gings also, auf nach Hannover. Zwischenzeitlich haben wir mit Benette Buchwald noch den Untermietvertrag der Büros an der Färberstr. 3 in Hannover unterzeichnet, denn ihre diversen Firmen waren dort ebenfalls beheimatet.

Wir eröffneten also Geschäftskonten bei der Sparkasse, der Deutschen Bank sowie der Commerzbank in Hannover sowie der Sparkasse und Dresdner Bank in Herford. Letztere Bank diente als GmbH-Konto, während die anderen Kontoverbindungen als Fremdgeldkonten geführt wurden. Nach einigen Tagen wurden meiner Frau die vereinbarten 25.000 EUR aus Wien überwiesen mit dem Auftrag, diese Summe auf das GmbH-Konto einzuzahlen. Somit waren auch die GmbH-rechtlichen Voraussetzungen zum Betreiben einer GmbH gegeben.

Fragt sich der geneigte Leser nun, warum der vierte Akt von mir "Weihnachtsmärchen" genannt wurde? Nun, diese Frage ist rasch beantwortet: Heute wissen wir nämlich, daß Babenhauserheide und seine Geldgeber aus Wien niemals vor hatten, tatsächlich ein Callcenter in Hannover zu betreiben. Vielmehr wurde ein neuer Eintreiber für die Betrugsmasche rund um Mega-Downloads gesucht - und dummerweise auch mit uns gefunden.

Dritter Akt: Geschäftsführer gesucht! November 2008

"Gute Arbeit, Claus!" sagte mir Frank Babenhauserheide schon nach recht kurzer Zeit. Recht hatte er, immerhin arbeitete ich auch nach Feierabend noch einige Stündchen zu Hause unbezahlt. Der Familienidylle sicher nicht unbedingt zuträglich, aber dennoch. Man weiß ja immerhin, wofür man es tut.

"Ich suche derzeit einen Geschäftsführer und so, wie du hier eingeschlagen bist, wärst du die erste Wahl. Interesse?" - "Sicher doch. Was konkret sind meine Aufgaben?" - "Erstmal nur die Leitung der VWL Verwaltungs GmbH und der BWL Service GmbH & Co. KG. Kein operatives Geschäft, hin und wieder ein paar Gesellschafterversammlungen. "Ich brauche für den Job jemanden, dem ich vertrauen kann, du bist predistiniert!". Nach Vertragsverhandlungen habe ich letztlich zugestimmt und war kurze Zeit später entsprechend im Handelsregister eingetragen, nachdem ich bei Läube & Hasenbäumer meine Unterschrift leistete. Läube & Hasenbäumer ist übrigens die Vertrags-Anwaltskanzlei von Herrn Babenhauserheide. Ab diesem Zeitpunkt war ich spätestens, und das weiß ich heute, ein Rädchen im Uhrwerk der Abzock-Mafia.

In der Firma lief alles rund. Immer unter dem Druck, das Tagespensum zu schaffen. Irgendwie bekam es das Team immer hin; auch, wenn Überstunden fällig wurden, und derer gab es viele. Jeder Mitarbeiter hat sie aber gerne abgeleistet, denn es galt einfach, seinen Job zu machen.

Man kann es gerne auch unter dem Motto "Gruppendynamik" verbuchen - aber: mein Team war mir wirklich derzeit ans Herz gewachsen und ich glaube, das war auch in den anderen Abteilungen der Fall! Genau hier sind wir beim Thema: (obwohl noch NICHT beim eigentlichen, nämlich mega-downloads.net): es wird auf "Bruderschaft" gesetzt, auf "Zusammenhalt". Es wurden virtuelle Projekte als toll präsentiert, den Mitarbeitern schmackhaft gemacht und Bedenken zerstreut. Glaubhaft.

Ich war also zum einen Abteilungsleiter der BWL Letter & Support GmbH und desweiteren Geschäftsführer der VWL Verwaltungs GmbH sowie der BWL Service GmbH & Co. KG. Letztere beiden Firmen betrieben nicht das operative Tagesgeschäft, denn das war Aufgabe der BWL Letter & Support GmbH.