Sonntag, 9. August 2009

Ein exemplarischer Arbeitstag aus der Abzockzentrale in Vlotho

Zunächst ein Hinweis vorab: ich bitte um Verständnis, daß ich die realen Namen der Mitarbeiter, die ausserhalb der "Führungs-Crew" dort arbeiten, nicht preisgebe. Wie ich bereits erwähnte weiß das "normale Fußvolk" nicht, in welches mafiös anmutende Netzwerk sie geraten sind. Ergo sind sie zu schützen und eine Veröffentlichung der Realnamen wäre für mich ein Faux Pas, den ich nicht begehen mag. Ich weiß mittlerweile, daß so mancher Mitarbeiter aus Vlotho auf meinen Blog aufmerksam wurde, daher die klare Botschaft: Entspannt euch, Leute. Mir geht es nicht um reisserische Berichterstattung, sondern um Fakten rund um das Netzwerk von Megadownloads. Nicht mehr - aber auch nicht weniger. Ich berichte nun also in erster Linie als Abteilungsleiter der BWL Letter & Support GmbH, der zwar mit Megadownloads (noch) nichts am Hut hatte sondern mit seinem Team für die Müller-Projekte zuständig war; da das Procedere in der Firma aber stets und in allen Bereichen das gleiche war ist das egal und dürfte für einen ersten Einblick reichen.

Morgens, 08.00 Uhr. Los gehts in die Firma. Die Fahrzeit nach Vlotho beträgt rund 20 Minuten und ich hasse morgendlichen Stress. Nun erst noch einmal die Zutaten für ein zweites Frühstück eingekauft - und schon beginnt der Arbeitstag. In aller Regel war ich neben der Abteilungsleiterin von Firstload und Megadownloads einer der ersten, der zum Dienst antritt und einer der letzten, der gegen 18.00 (oftmals später) die Firma wieder verließ.

Nachdem die Chipkarte der automatischen Zeiterfassung brav das Quittungssignal sendete und wir die zahlreichen Kaffeemaschinen gefüttert hatten begang also der Arbeitstag im Firmengeflecht. Nach und nach trudelten die Mitarbeiter ein, offizieller Dienstbeginn: 09.00 Uhr. Zunächst fuhr ich meinen Rechner hoch und checkte die eMails, während ich dem duftenden Kaffee und dem leckeren, belegten Brötchen nebenbei Tribut zollte. Jeder Arbeitsplatz verfügte über einen PC sowie zwei Monitore. So war es möglich, der verschiedenen Fenster der zur Bearbeitung nötigen Admin-Oberflächen der Projekte im Support Herr zu werden. Alleine in meiner Abteilung brauchte jeder Mitarbeiter immerhin rund 10 Fenster, die er sich entsprechend ablegte.

Nun galt es für mich, einen Blick in die schnöden Zahlen zu werfen: wieviele neue Mails sind von gestern auf heute eingegangen? Welches Projekt hinkt in der Latenzzeit hinterher? Wo muss ich welchen Mitarbeiter wie lange einsetzen, damit die Latenzzeit im Rahmen bleibt? Wie hoch ist das Anrufaufkommen und wie lange dauert es, bis ein Telefonat angenommen wird? Gibt es Krankmeldungen - und wenn ja - warum? Wer kann einspringen? All diese Fakten trug ich zusammen, um daraufhin die Peronalplanung für den Tag vorzunehmen und die Mitarbeiter entsprechend einzusetzen. Dieses Procedere gab es simultan in allen anderen Abteilungen. Sei es nun Firstload, Megadownloads oder in den zahlreichen anderen Projekten. Business as usual.

Zwischen 9.00 und 10.00 Uhr fand dann auch der "Geschäftsführer" Holger Brandes den Weg in die Firma und forderte einen ersten Rapport. Danach saß er in seinem Büro, surfte durchs Internet und wartete darauf, daß es 18.00 Uhr wird. Sollte man ihn mal mit betrieblichen Belangen behelligen und sein Büro aufsuchen, so (das berichten Mitarbeiter) war er peinlich bemüht, schnell die Internetseiten seines Browsers zu verkleinern, denn sie hatten mit betrieblichen Dingen so gar nichts zu tun: Hannover 96, Xing, StudiVZ. Stets war er beschäftigt, das Tagesgeschäft lief an ihm vorbei. Ich wage heute zu behaupten, daß der Strohmann für Babenhauserheide einfach eine perfekte Wahl war. Wichtig dreinblickend ohne auch nur ansatzweise im Thema zu sein. Ich glaube aber andererseits auch, daß er um die Abzocke -an sich- wusste und der Ansicht war, er könne hier einfach mal Kasse machen, ohne arbeiten zu müssen. Vermutlich war und ist das immer noch so.

Dienstags und donnerstags stand der Datenimport an. Die Daten kamen per Mail von Benette Buchwald als .csv-Dateien und mussten nun in unser System namens Ikaros (einer von Babenhauserheide in Auftragsarbeit modifizierten Inkasso-Software) eingepflegt werden, so daß der Rechnungs- und Mahnlauf für alle Projekte beginnen konnte. Gerade an diesen Tagen war es wichtig, daß alle Rädchen ineinander greifen: die Postabteilung zum Kouvertieren und Frankieren war auf darauf angewiesen, daß der Datenimport an den Rechnern zeitnah durchgeführt wurde und die Damen, die die Drucker beaufsichtigten und den eigentlichen Druck von Rechnungen und Mahnungen faktisch per Knopfdruck starteten, ebenso. Liegt das richtige Briefpapier im jeweiligen Drucker? Müssen wir Briefpapier nachbestellen? Gibt es neue Bankverbindungen aufgrund gekündigter Konten, die wir nachpflegen müssen im System?

Meistens gegen Mittag erschienen dann Frank und Heike Babenhauserheide. In der Firma wurde Herr Babenhauserheide immer "BHH" genannt, das war kürzer. Während BHH sich zunächst in sein Büro zurückzog, nachdem er zuvor einen Rundgang machte um sich durch seine cholerische Art Eindruck zu verschaffen kümmerte sich seine Frau Heike in ihrem Büro um das Personalwesen und die Buchhaltung. Heike Babenhauserheide hatte nebenbei offensichtlich den Auftrag, im Firmengeflecht für gute Stimmung zu sorgen und die Belegschaft zusammenzuhalten.

In meiner Abteilung war ich dafür verantwortlich, daß die eingehenden Mails abgearbeitet und die eingehenden Calls aus der Hotline beantwortet werden. Genauso ging es in den anderen Abteilungen, völlig simultan zu den anderen Projekten, zu. Alle Mitarbeiter hatten entsprechende Textbausteine für häufige und ständig wiederkehrende Fragen der Anrufer / Mailschreiber, die sie in ihren Fenstern stets griffbereit hatten. Ein automatisiertes Reaktionsverfahren, quasi, von jedem Deppen zu verstehen. Die eingehende schriftliche Post kam kistenweise. Mitarbeiter der Postabteilung fuhren täglich sämtliche der angelegten Postfächer im Raum Ostwestfalen-Lippe ab und verteilten sie dann in den Abteilungen, fein nach Projekt sortiert. Für die Bearbeitung relevanter Schreiben (Gericht, Polizei, Rechtsanwaltsscheiben) wurde extra eine Kraft eingestellt. Diese kümmerte sich nur um diese brisante Post. Auch hier gab es Textvorlagen. Autorin: Benette Buchwald.

Auch, wenn es irgendwie perfide klingen mag: die Menschen, mit denen ich zu meiner aktiven Zeit zusammengearbeitet habe, waren mir wirklich ans Herz gewachsen (die Ausnahmen dürften bekannt sein, ich schreibe hier von den "normalen" Mitarbeitern, die vermutlich heute noch nicht wissen, was los ist). Selten habe ich ein so tolles Arbeitsklima und Miteinander erlebt. Man hielt zusammen und wollte gemeinsam etwas bewegen, machte Überstunden, um noch eben dies oder das fertigzustellen. Viele sind da über sich hinausgewachsen, und da ich weiß, daß so manches "Rädchen" im Unternehmen hier mitliest: danke für euren Support - und werdet wach!

2 Kommentare:

  1. Zu dem Projekt "firstload" habe ich folgenden Artikel gefunden:
    http://derstandard.at/fs/1219060413541/Verein-Anti-Piraterie-bereitet-Klage-gegen-Firstload-vor
    Was für Links werden darin angeboten?

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  2. Hallo. Hab mir einfach mal die Zeit genommen und diesen Block von Anfang bis Ende zu lesen und es treten so einige Unklarheiten auf.

    Sie schreiben selbst, dass Sie von September 2008 bis Februar 2009 in diesem Unternehmen (beginnend als Abteilungsleiter der BWL Letter & Support GmbH und desweiteren Geschäftsführer der VWL Verwaltungs GmbH sowie der BWL Service GmbH & Co. KG.) gearbeitet haben. Gehe davon aus, das eine entsprechende Gehaltszahlung erfolgte. Würde aus dem Bauch heraus sagen mindest 3.000,00 EUR. Pro Monat.

    Desweiteren wurde Ihre Frau als Geschäfts-führerin der L&H Ende Dezember 2008 berufen. Auch hier denke ich erfolgte eine entsprechende Gehaltszahlung. Würde auch mit dem bereits oben genannten Betrag spekulieren.

    In Ihrem Beitrag „Der Versuch, eine Drohkulisse aufzubauen, April 2009“ erwähnen Sie eine Provision in Höhe von 75.000,00 EUR. Nicht schlecht kann ich da nur sagen, für 6 Monate 75.000,00 EUR plus entsprechende Gehälter – macht für mich ein Managereinkommen.

    Und da wollen Sie mir hier erzählen, nichts von dem Tätigkeitsbereich etwas gewusst zu haben?

    Für mich unglaubwürdig! 75.000,00 EUR auf 6 Monate macht 12.500,00 EUR pro Monat + Ihrem Gehalt, deren Summe ich oben bereits spekulativ benannte.

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